Macht alle Völker zu Jüngern
Vor Kurzem tauschte ich mich mit einem unserer Migranten über unser beider Leben aus. Dabei kamen wir auf die Schöpfungsgeschichte zu sprechen. Es ging um die Erschaffung des Menschen als Ebenbild Gottes. Wir lasen dazu den Bibeltext aus 1. Mose 1. Anschließend fragte ich: “Verstehst du eigentlich, was du da liest?” Er antwortete: “Wie denn, wenn es mir niemand erklärt. Es ist ja nicht ganz einfach. Bitte hilf mir. Sei mein Mentor!”
In diesem Moment kam mir die Bibelstelle aus Apostelgeschichte 8, ab Vers 29, in Erinnerung. Dort stellt Philippus dem Finanzminister der äthiopischen Königin Kandake die gleiche Frage. Ich überlegte nicht lange und sagte: “Ja, natürlich gern.” Denn ich freute mich über diese Frage. Ich merkte, dass Gottes Geist in ihm, so wie bei dem Finanzminister in der Bibel, das Interesse geweckt hatte. Auch wenn mir nicht sofort klar war, was das bedeuten könnte.
Ich konnte nicht anders, denn Jesus hat jeden Christen am Ende des Matthäusevangeliums aufgefordert, alle Menschen zu seinen Jüngern (Schülern) zu machen und zu lehren. Damit ist natürlich nicht gemeint, dass sich jeder um 8 Milliarden Menschen auf dieser Erde kümmern und diese im Glauben anleiten und begleiten soll. Das wäre – auch im Zeitalter des Internets – nicht machbar. Denn dazu müsste man alle Sprachen dieser Welt sprechen. Jedenfalls aber sind die Menschen gemeint, mit denen wir in Kontakt kommen und Gelegenheiten haben, über unseren Glauben zu sprechen. Also zumindest Menschen in unserer Gemeinde. Aber auch Freunde, Nachbarn und Arbeitskollegen sind gemeint.
Zu Jüngern machen, Mentor sein, wie geht das?, fragst du vielleicht. Nun, Paulus schreibt an einen Freund, dass er das, was er von ihm und anderen gehört hat, weitergeben soll an Menschen, die ihrerseits wiederum in der Lage sind, das weiterzugeben, was sie gehört haben. Und auch diese sollen weitergeben, was… Der Freund heißt Timotheus. Deshalb spreche ich auch gern vom “Timotheus-Prinzip” (2. Timotheus 2, 2). Man könnte auch sagen: “Ich, du, Er, Sie, Es.” Das kennt jeder – die Personalpronomen Singular.
Aha!? Alles klar? Anders gesagt: Siehst du Menschen um Dich herum, die vielleicht ein Gespräch, eine Ermutigung, einen Trost, ein Gebet oder eine praktische Hilfe benötigen? Die du einfach mal kennenlernen oder einladen kannst? Wenn nicht, dann versuch es doch! Sprich Menschen einfach mal an. Vielleicht zum ersten Mal, vielleicht auch schon zum 100. Mal. Und finde heraus, was sie beschäftigt, wie sie “ticken”. Ob sie etwas mit Gott anfangen können.
Ermutige sie, dran zu bleiben und mit ihrem Glauben sichtbar für andere zu sein. Nicht nur, weil man das als Christ halt so macht, sondern weil man dadurch auch selbst beschenkt werden wird (lies 2. Timotheus 2, Vers 6). Ich glaube, das Wichtigste an Jüngerschaft ist, dass wir andere “sehen”. Nicht nur oberflächlich, sondern tiefer. Dann können es Jünger für uns werden, aber wir möglicherweise auch für sie! Denn wer sagt denn, dass Jüngerschaft nur einseitig verläuft? Dass langjährige Christen immer nur an jüngere Christen weitergeben? Schau Dich um! Geh auf andere zu. So oft du kannst.