Leben teilen

Reden

Wir reden tagtäglich mit anderen Menschen – mit unseren Kindern, Eltern, Kollegen, Mitschülern, Freunden, Nachbarn, auf Behörden oder beim Arzt. Reden ist Normalität, sogar für Menschen die nicht sprechen können. In den vielen Gemeindestunden zum Bau haben wir Ideen ausgetauscht, Zweifel geäußert, Fragen in den Raum gestellt, Bedenken offengelegt. Jeder von uns hat sein eigenes Bild von sich, der Gemeinde und Gott und versucht es anderen zu erklären. Dabei gibt es Nachdenkliches, Aufrufe zum Handeln, bremsende Einwände, motivierende Reden, antreibende Appelle, laute Zwischenrufe, geflüsterte Sätze und vieles mehr. Unser Herz, unsere Vorstellung von uns selber, unseren Mitmenschen, unserer Gemeinde und auch von Gott, beeinflusst, was wir denken und aussprechen. Schön war für mich, dass wir nicht nur über den Bau gesprochen haben, sondern auch über die Gemeinde an sich. Wir haben zum Beispiel über Gottesdienste, das Café und die Ranger gesprochen. All das was unsere Gemeinde ausmacht. Wir sind selten so intensiv ins Gespräch gekommen. Das kann gerne öfter passieren.

Aber ohne Streit lief das nicht ab. Wenn ich jemand anderem meine Vorstellungen für den Gottesdienst erzähle, gebe ich etwas von mir selber preis: wie ich denke und fühle, was mir gefällt und was nicht. Es ist ein Stück meiner Selbst die ich damit in den Raum zwischen uns Stelle, sozusagen ein kleines Abbild meiner Person. Danach oder auch währenddessen können viele Dinge passieren: mein Gegenüber redet mir dazwischen, er hört aufmerksam zu: es wird kritisiert, nachgefragt, Verständnis geäußert, optimiert, gerichtet. Dies alles kann ein tätlicher Angriff auf mein Abbild sein, zum Beispiel wenn zerstörerische Kritik geäußert wird; es kann Raum geben, damit mein Abbild Platz hat; oder sogar den Glanz des Abbildes verstärken wenn Zustimmung geäußert wird. Da mein Abbild immer ein Stück von mir selber ist, fühle ich dann etwas: Freude, Gelassenheit, Trauer, Wut, Zorn, Stolz, Frieden. Gerade bei Gefühlen wie Trauer oder Wut reagieren wir schnell und halten der Kritik etwas entgegen. Etwas so einfaches wie Reden ist doch sehr komplex wenn wir genau hinschauen.

Ich denke, wichtig ist, dass jeder von uns Platz hat zum Reden. Dafür müssen andere zuhören. Sogar die Bibel spricht davon schnell zuzuhören und sich Zeit zu nehmen, vor dem Reden. Unser Bauvorhaben kann dabei ein Thema von vielen sein. Daneben gibt es noch andere Themen, wie zum Beispiel, Gottesdienst, Kindergottesdienst, Hauskreise, Politik, Gesellschaft, Hobbies, persönliche Herausforderungen und alles andere was uns so beschäftigt. Und wenn jemand mit seiner Rede einen rosaroten Elefanten mit Giraffenbeinen und Katzenkopf in den Raum stellt, kriegt auch der seinen Platz. Eventuell kann der beim Kindergottesdienst aushelfen. Die Kinder würden sich bestimmt freuen.

Bei all dem kommt es immer wieder zum Streit, weil ich meinen Gegenüber durch meine Rede oder Reaktion verletzt habe. Das ist in einer Familie - in einer Gemeinde – Teil der Normalität. Trotz aller Vorsicht möchte schließlich jeder Platz haben. Die lauten wie auch die leisen Stimmen. Kritik ist, auch wenn sie konstruktiv ist und positiv geäußert wird, für manche schwer auszuhalten. Da gilt es für uns alle, dass wir uns immer wieder versöhnen und daran wachsen. Ich unterstelle allen von uns pauschal, dass sie Gottes Reich bauen wollen - gemeinsam mit den anderen.

Mathias

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